Am 17. November 2022 hat der Oberste Gerichtshof in der Rechtssache III PZP 2/21 einen Beschluss gefasst, wonach das erkennende Gericht eine Gesetzesbestimmung, die es für unvereinbar mit der Verfassung der Republik Polen hält, selbständig außer Acht lassen und nicht anwenden kann, wenn die Bestimmung des Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes über die Organisation und das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof der Stellung eines Antrags an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 193 der Verfassung der Republik Polen entgegensteht. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine Bestimmung, die bereits ihre Verbindlichkeit verloren hat, auf einen bestimmten Sachverhalt angewendet werden muss.
Die Entschließung ist in ihrer Gesamtheit als zutreffend zu bewerten und muss gleichzeitig zum Nachdenken über die Legitimität sowie die Verfassungsmäßigkeit der in Artikel 59 Absatz 1 des Gesetzes über die Organisation und das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof enthaltenen Regelung in ihrer derzeitigen Form führen. Die Anwendung von Bestimmungen, die zum Zeitpunkt der Entscheidung noch nicht in Kraft waren, durch die Gerichte ist aufgrund der vom Gesetzgeber geschaffenen intertemporalen Regelungen ein alltägliches Phänomen. Folglich sollte das bloße Erlöschen der Bindungswirkung der angefochtenen Bestimmung keineswegs die Möglichkeit ihrer Bewertung durch den Verfassungsgerichtshof ausschließen. Ein solcher Ausschluss stellt eine erhebliche Einschränkung der Zuständigkeit des Verfassungsgerichts dar, die sich unmittelbar aus der Verfassung der Republik Polen ergibt und von grundlegender Bedeutung für die Rechte und Pflichten der Bürger der Republik Polen ist.